Alles beginnt während einem Telefon mit Astoeti via Whats App, als ich sage, dass ich sie und David einmal in Salt Lake City besuchen möchte. Bernard meint, dass er lieber zu Hause bleibt, also beschließe ich, 2 Wochen frei zu nehmen und alleine zu gehen. Astoeti und David können eine Woche Ferien nehmen, und da ich davon träume, einmal nach Montana zu gehen, planen wir, Anfang Juni den Glacier Nationalpark in Montana zu besuchen. Anfang Jahr geht es los mit den Vorbereitungen auf beiden Seiten des Atlantiks: Astoeti reserviert die Hütten zum Schlafen, ich kümmere mich um meine Dokumente, den biometrischen Pass und all die administrativen Dinge, die von der Security der Vereinigten Staaten (ESTA-Formulare ausfüllen, API-Daten) seit dem 11. September 2001 verlangt werden. Ich eröffne ein Konto auf der Webseite der KLM für meine Flugtickets. In Twitter abonniere ich 4 neue Kanäle: eine SLC-Zeitung, Visit Montana, Glacier und Yellowstone Nationalpark. Ich fange an, die Temperaturen in Fahrenheit zu berechnen, um eine Vorstellung davon zu haben, was diese immer sehr großen Zahlen in Fahrenheit in Grad Celcius zu bedeuten haben. Damit der amerikanische Zoll meinen Koffer öffnen kann, kaufe ich mir auch einen Gürtel mit TSA-Schloss für meinen Koffer (obligatorisch).
Bernard bereut nichts, er ist froh, dass er nicht alle diese Vorbereitungen zu treffen hat.
Dann kommt der 25. Mai. Da das Gepäck bereits aufgegeben ist und wir so nah beim Flughafen wohnen, ziehe ich gegen Mittag mit meinem Rucksack zu Fuß los. Alles läuft gut, aber kurz vor dem Start meldet der Pilot, dass es eine Computer-Fehlermeldung gibt und wir zum Terminal zurückkehren müssen. Dann warten wir zuerst im Flugzeug, dann am Flughafen. Ich muss mein Gepäck wieder abholen, und schließlich informiert KLM am Abend, dass es heute keine Flüge mehr nach Amsterdam gibt. Inzwischen ist in Amsterdam mein Flugzeug nach Salt Lake City abgeflogen und ich bin immer noch in Genf. Die Passagiere werden in Genf in Hotels untergebracht und ich geh› wieder nach Hause. Ich kann mein Gepäck für den nächsten Tag einchecken und erhalte neue Bordkarten für den Samstagmorgen früh. Schließlich gehen Bernard und ich ans «Fête des voisins». Die Nachbarn, die wissen, dass ich im Flugzeug sein sollte, staunen natürlich, dass sie mich hier antreffen.
Am nächsten Tag klappt dann alles bestens, die Flüge, zuerst nach Amsterdam, und dann die 10,5 Stunden mit Delta nach Salt Lake City, wo meine Freunde mich am Flughafen erwarten.
Salt Lake City
Die Stadt ist fast vollständig von den Rocky Mountains umgeben, Wintersportorte sind in der Nähe. Wir erinnern uns auch daran, dass SLC die Olympischen Winterspiele 2002 organisiert hat. Die Stadt liegt auf ca. 1300m über Meer. Das Wetter ist während meines ganzen Besuches angenehm, weder zu heiß noch zu kalt. Unglaublich breite Straßen, schöne und originelle Häuser mit blumengeschmückten und gepflegten Gärten sind meine ersten Eindrücke von SLC. Hier scheint jeder Hausbesitzer auf seinem Terrain sein kleines Paradies zu verwirklichen.
Salt Lake City wurde 1847 von den Mormonen gegründet. Jeder hier nennt sie LDS, die Abkürzung für «Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage». Als die Mormonen in SLC ankamen, bauten sie ihren riesigen Tempel, auf den sie sehr stolz sind. Gleichzeitig bauten sie auch die Gleise für die ersten Eisenbahnen. Nach der Lehre der LDS steht die Familie im Mittelpunkt des Lebens, und ihre Mitglieder bleiben auch nach dem Tod verbunden. Die Kirche ist vor allem für die Polygamie bekannt, die bereits seit einiger Zeit verboten ist, aber teilweise immer noch praktiziert wird. Der Staat Utah wurde erst in die Vereinigten Staaten aufgenommen, als er offiziell die Polygamie verboten hat.
Der LDS-Chor, der «MormonTabernacleChoeur» ist weltweit bekannt. Am Donnerstagabend gehe ich zur Chorprobe im Tabernakel, dem Konzertsaal. Die Musik ist großartig, eine unglaubliche Kraft geht von diesem Chor (etwa 250 Männer und Frauen) aus, der von einem großen Orchester begleitet wird. Ich denke an die mormonische Musikgruppe «The Osmonds» mit Donny Osmond, dessen Porträt in den frühen 70er Jahren die Wand meines Zimmers schmückte: 😉
Am Sonntag fahren wir zum Salt Lake, der etwa 60 km nördlich der Stadt liegt. Im Antelope Island Statepark sehen wir Büffel, Maultierhirsche und wilde Antilopen. Der See hat 4 Zuflüsse aber keinen Abfluss; das Wasser verdunstet und es bleibt viel Salz und Mineralien zurück. Der Salt Lake ist salziger als das Meer und es gibt fast kein Leben darin. Früher war das ganze Tal vom Bonneville-See überflutet. Weit oberhalb der Stadt SLC befindet sich ein Weg entlang dem alten Ufer des Bonneville-Sees, in der Nähe des herrlichen Red Butte Gardens. Auf dem Heimweg essen wir abends guten «cat fish» bei Cracker Barrel, Astoeti’s Lieblingsrestaurant. Ich sehe, dass ich in Zukunft nicht vergessen darf zu sagen, dass ich keine Eiswürfel will, wenn ich mich in einem Restaurant hinsetze, sonst habe ich sofort immer einen Becher voller Eiswürfel mit etwas Wasser auf dem Tisch. Das ist typisch amerikanisch, jeder will Eiswürfel, egal ob es heiß ist oder kalt.
In der ersten Woche der Ferien arbeiten Asteoti und David, also entdecke ich SLC allein. Bei den Entfernungen verwechsle ich manchmal km und Meilen, und da 1 Meile etwa 1,6 km entspricht, laufe ich oft viel länger als erwartet ☹. Es ist eine interessante Stadt und es ist einfach, sich zurechtzufinden. Jedoch ist es nicht immer einfach, etwas Gutes zu essen zu finden, zum Glück gibt es das gute Essen von Astoeti 😊
Glacier und Yellowstone Nationalpark
Am Freitagabend, 1. Juni, fahren wir mit dem Auto etwas über 200 Meilen nach Idaho Falls, wo Astoeti ein heimeliges Studio von Airbnb gemietet hat. Nach einem guten Frühstück und einem sehr netten Gespräch mit der Besitzerin am nächsten Morgen setzen wir unsere Reise fort. Wir haben noch etwa 430 Meilen bis nach Columbia Falls im Flathead Valley, Montana, zu fahren. Das Wetter ist schön, die Landschaft ist herrlich. Es gibt viel Landwirtschaft in Idaho, Idaho ist das Kartoffelland. Montana ist wie in Robert Redfords Filmen: atemberaubende Landschaften, reine Natur, grüne Felder mit Vieh, Bäche, die sich über die Ebenen schlängeln, Seen wie Spiegel und ein riesiger blauer Himmel. Hie und da kann man das Tor einer Ranch sehen, aber ihre Häuser sind oft weit weg, versteckt hinter einem grünen Hügel. Im Hintergrund sind die Rocky Mountains noch immer schneebedeckt.
Nur einmal werden wir etwas nervös, als wir merken, dass es entlang des Highways keine Tankstelle gibt. Es ist zwar angeschrieben «Tankstelle», wir folgen den Pfeilen, können den Tank aber erst nach etwa 20 Minuten Fahrt im nächsten Kaff namens Anaconda mit Benzin füllen.
Unsere «Moose hollow» (Elchgrotte) liegt außerhalb von Columbia Falls, ca. 1000m über Meer, sie ist sehr gut ausgestattet, auch ein Cheminée fehlt nicht, und wir sind nah am Glacier Nationalpark. Wir fahren am nächsten Tag hin. Das Wetter ist schön. Im Lake Mc Donald spiegeln sich die schneebedeckten Berge wie in einem Spiegel, die Farben sind unglaublich. Wir wandern zum Avalanche Lake, einem klaren Bergsee umgeben von schneebedeckten Bergen. Am See teilen wir unsere Sandwiches mit den Eichhörnchen, die betteln kommen. Wir sind sogar mit «Bärenspray» und einer Glocke ausgerüstet, für eine mögliche Begegnung mit einem Bären! Es kreuzt jedoch kein Mutz unseren Weg. Die Landschaft ist der Schweiz sehr ähnlich, aber die Tiere, die wir sehen, Präriehunde oder Maultierhirsche gibt es in unserem Land nicht. Vom Park aus ist es nicht möglich, per Whats App Fotos zu Irene und Bruno auf die andere Seite der Grenze zu schicken, die zur gleichen Zeit nicht weit von hier unterwegs sind, da es kein Mobilfunknetz gibt. Diesen wunderschönen Tag beenden wir schliesslich mit einem typischen BBQ in Columbia Falls.
Am nächsten Tag besuchen wir das Indianer- und Pioniermuseum in Polston, einer kleinen Stadt am Flathead Lake, im Flathead Indianerreservat. Einmal mehr sind wir schockiert über die traurige Geschichte der Indianer. Wir besuchen auch Kalispell, und Whitefish, das berühmte Skigebiet. Am Abend spielen wir Spiele (Dooble) und lachen viel. Der Besitzer von Moose hollow sagt uns, dass wir viel Glück haben, es scheint, dass das Wetter in dieser Saison normalerweise nicht gut ist.
Am Dienstag verlassen wir Montana schon wieder. Wir erreichen die Eagle Ride Ranch (über 2000m über Meer), wo wir die nächsten zwei Nächte bleiben, nach einer langen Fahrt zurück in den Süden. Auf der Ranch fühle ich mich wie in einem Western-Film. Es gibt Weiden für Pferde, einen kleinen Teich zum Kanufahren und abends laufen 25 Pferde frei umher, bis der Cowboy sie zur Scheune bringt. Es ist jedoch nicht so romantisch wie im Film, denn der Cowboy sitzt auf einem Quad und nicht auf einem Pferd! Am Abend nehmen wir Apéro auf der Veranda unserer Holzhütte in der Sonne. Es gibt da auch einen Whirlpool, in dem Astoeti und David baden gehen: C’est la belle vie!
Am nächsten Tag besuchen wir den Yellowstone Nationalpark. Es ist die erstaunlichste, unglaublichste und atemberaubendste Region, die ich je gesehen habe. Der Nationalpark liegt auf einem Plateau auf ca. 2400m. Wir fahren mit dem Auto und halten immer wieder an für kleinere Spaziergänge um hydrothermale Elemente wie Geysire, Fumarolen (Dampfaustritt aus der Erde) oder brodelnde Schlammlöcher zu beobachten. Regenbogenfarben leuchten in der Sonne, Gelb und Orange von Mineralien, Grün von Algen und dem Gras, und Türkisblau vom Wasser. Büffel sind überall anzutreffen, sie sind ruhig und lassen sich von den Touristen nicht stören. Auf der Straße hat der Büffel Vorrang, es bilden sich lange Autoschlangen hinter einem Büffel, der sich entschieden hat, ein Stück seines Weges auf der Straße zu gehen. Durch Zufall entdecken wir den Grand Canyon des Yellowstone River, und wieder gibt es eine atemberaubende Aussicht. Der älteste Nationalpark der Welt ist auf jeden Fall einen Besuch wert, wenn möglich mehrere Tage.
Auf dem Rückweg halten wir in Ogden an, um das beeindruckende Hills Aerospace Museum zu besuchen, danach genießen wir ein weiteres gutes Essen bei Cracker Barrel, bevor wir am wieder in SLC sind. Etwa 2500km sind wir in einer Woche gefahren.
Meinen letzten Abend in Salt Lake City verbringen wir gemütlich mit einem Bier und interessanten Diskussionen auf einer sehr schönen Terrasse im Quartier, wo Astoeti und David wohnen. Ich danke ihnen herzlich, dass ich mit ihnen so viel Neues entdecken durfte.