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Unterwegs

Südtirol und Gardasee

Mediterrane Vegetation am Gardasee

Am 28. September, 2023, starten wir und durchqueren die Schweiz bis ins Unter-Prättigau, nach Grüsch, unserem ersten Etappenort. Mittags-Sandwiches gibt’s am Walensee, danach ein Bad bei dem sommerlich warmen Wetter. Am 2. Tag fahren wir über Davos und die Flüela ins Unterengadin. Es ist eine sehr schöne Strecke.

Nach dem Grenzübergang sind wir für einige Km in Österreich, über den nächsten Zoll gelangen wir nach Italien. Es deutet hier, ausser den vielen IT-Autokennzeichen, nicht viel auf Italien hin. Während unseres Aufenthalts im Südtirol fühlen wir uns eher in Österreich. Die autonome und reiche italienische Provinz Alto Adige (Südtirol) ist eine Mischung von guten Eigenschaften beider Länder, finden wir.

Nach dem Reschenpass halten wir, wie alle Touristen, am Reschensee (1500m). Der aus dem Wasser herausragende Kirchturm des gefluteten Dorfes Graun ist ein besonderes Fotomotiv. Der Pfarrer und die Bevölkerung haben sich übrigens gegen diese Vergrösserung des Sees zur Energiegewinnung gewehrt, genützt hat es jedoch nichts. Mein heutiges Bad, im Reschensee, ist sehr erfrischend, ich fühle mich herrlich danach.

Durch das Vinschgau geht’s nun weiter nach Meran. Über 40 km fahren wir, beidseitig der Strasse, Apfelfeldern entlang. Die Bäume sind voller reifer Äpfel, ein Paradies. In Meran wohnen wir im erholsamen Hotel Wessobrunn, früher die Sommerresidenz eines Klosters bei München, das uns unsere Freunde Werner und Angelika empfohlen haben. Das Essen hier ist hervorragend. Aber nicht nur das: In der Frische des Morgens, wenn das Hotel noch schläft und das Personal mit der Vorbereitung des Tages beschäftigt ist, schwimme ich jeweils alleine im kühlen Wasser des Pools im schönen Hotelpark. Vom Kastanienbaum fällt hie und da eine reife Frucht ins Wasser, über Meran geht die Sonne auf, und am Berg über mir thront das geschichtsträchtige, im 14. Jh. von den Grafen von Tirol erbaute Schloss, das der Region ihren Namen gab.

Während den ganzen Ferien bleibt unser Auto oft in der Garage. In Meran sind wir mit der Merankarte für Bus, Museen und Ausstellungen unterwegs, am Gardasee, in der 2. Woche, nehmen wir manchmal das Schiff.

Meran war von 1870 bis zum 1. Weltkrieg die touristische Hochburg Europas, weil die Kaiserin Sissi den Ort an der Passer sehr mochte. In ihrem Schlepptau verbrachten dann Adelige aus ganz Europa ihre Ferien auch im schönen Meran. Die Stadt ist immer noch voller Touristen, die schönen Häuser und Paläste, alles ist gepflegt, Flanieren in der Altstadt ist angenehm, oder auf einer Terrasse einen Apfelstrudel zu essen. Auch wir sind begeistert.

Für ihre Freiheit mussten die Tiroler kämpfen. Mit ihrem Anführer Andreas Hofer haben sie bei Meran gegen die napoleonische Armee und die Bayern gewonnen. Die Trennung des Tirols erfolgt erst nach dem 1. Weltkrieg, als der Süden zu Italien kommt. Die Mehrzahl der Einwohner spricht DE, etwas weniger sprechen IT und noch weniger ladinisch, drei offizielle Landessprachen hat die Provinz.

Dem Adige entlang fahren wir weiter gen Süden nach Riva, am oberen Ende des Gardasees. Wir sind immer noch im Südtirol. Ausser vielleicht einem ‘Strudel’ auf der Dessertkarte im Bistrot ist hier alles italienisch. Riva besitzt wunderschön gepflegte Paläste und Villen. Die venezianische Vergangenheit ist übrall sichtbar. Fast aus dem Stadtzentrum ragen die Felswände der Ausläufer der Alpen senkrecht in die Höhe. Mit dem Schiff besuchen wir Limone, wo früher auf Terrassen Zitronen angebaut wurden. Die Souvenirläden hier sind zitronengelb; es gibt alles, was man sich vorstellen kann, in Zitronenform, -farbe oder mit Lemongeschmack. Malcesine, auf der anderen Seeseite am Fuss des Monte Baldo gelegen, ist unsere nächste Station. Vom Schiff aus kann ich auch schon einen Strand ausmachen für mein tägliches Bad im See. Zuerst steigen wir jedoch den Hügel hinauf zum Schloss der Skaliger (Castello Scaligero), das in wunderschöner Lage auf einem Felsvorsprung über dem See thront. Die Vegetation in der Region des Gardasees ist paradiesisch: Kaki- und Granatapfelbäume, Orangen-, Zitronen-, Bitterorangen-, Kumquats-, oder Mandarinenbäume stehen in Gärten, Strassen und Parks. Im Castello erinnert eine Büste Goethes an seine Begeisterung für diese Gegend bei seiner Italienreise. Ein Film beschreibt die verrückte Idee der Venezianer, 1438-1440 ihre Flotte auf dem Landweg zum Gardasee zu transportieren, um den See gegen die Mailänder zu verteidigen. Die Rückfahrt nach Riva geniessen wir mit dem letzten Schiff im romantischen Abendlicht. Auch am Abend ist es nicht kühl, während des Tages ist es nicht zu heiss, es ist uns einfach wohl im Südtirol.

Ein Ausflug führt uns ins Trentino, ins Val di Ledra, das nur 15km von Riva in den Bergen gelegen ist. Vom Trentino wissen wir, dass es da guten Wein und Bären gibt. Der Ledrasee mit seinem türkisfarbenen Wasser zieht viele Wanderer und Mountain-Bike-Fahrer an. Wir gesellen uns zu den Wanderern und sind gemütlich gute 4 Stunden unterwegs für die See Umrundung.

Im südlichen Teil des Gardasees ist es wärmer. Auf der östlichen Seeseite ist es etwas hügelig, sonst ist flach. Zu erwähnen ist der romantischste, kleinste Hafen, den ich je gesehen habe, in Cassone, etwa in der Mitte zwischen Riva und Garda gelegen: ein Duzend Fischerboote, am Hafeneingang einerseits ein kleiner, mittelalterlicher Turm, auf der anderen Seite zwei riesige Linden, und das Museum eines Hobbysammlers voller Fischerei- und anderen Alltagsgegenständen, Fotos und ausgestopften Seevögeln aus der Gegend aus dem letzten Jahrhundert.

Für die nächsten paar Tage wohnen wir in einem angenehmen Hotel im sehr touristischen Garda.

Per Schiff fahren wir ins schön gelegene, nicht weniger touristische Sirmione, das speziell auf einer schmalen in den See hinein reichenden Landzunge erbaut ist. Auch hier überragt eine imposante Festung der Skaliger aus Verona aus dem 14. Jh. die Altstadt. Die Rückfahrt wählen wir wieder zur Zeit des Sonnenuntergangs, ein besonders genussvoller Moment. Am Abend essen wir in der kleinen Trattoria in unserem Quartier einen feinen Meerfrüchtesalat – es ist ruhig und lecker hier, im Gegensatz zu den Terrassen mit lauter Musik und vielen Leuten am See.

Unsere Ferien schliessen wir in der Schweiz ab, in Roveredo im Misox (Val Mesolcina). Zwar unweit von Bellinzona gelegen und italienisch sprechend, aber das Tal gehört zum Kanton Graubünden. Die Kastanien sind reif und liegen auf dem Boden, eigentlich schade, dass wir in der Schweiz Kastanien importieren und nicht einen eigenen Anbau betreiben. Die Früchte würden mit dem Einsammeln von Hand viel zu teuer, höre ich im Radio. Wir besuchen das schöne Calancatal mit seinen kleinen, sehr schön gepflegten Dörfern. Leider gibt es auch hier immer weniger Einwohner, die Abwanderung ist seit Jahrzehnten ein Problem. Es ist auch Wildsaison. Zweimal essen wir beste Wildgerichte, einmal im typischen, gemütlichen Grotto Zentralli in Roveredo.

Durch das Centovalli und über den Simplon fahren wir nach Hause. Erholung und Entspannung haben wir gefunden in unseren Ferien und gleichzeitig neue Regionen, die wirklich eine Reise wert sind, kennen gelernt.